Marko Pogačar

1984 in Split geboren, studierte Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft in Zagreb. Mit 22 Jahren veröffentlichte er einen ersten Lyrikband. Seitdem gilt er als feste Instanz im kroatischen Literaturbetrieb. Seine Gedichte und Prosatexte wurden mittlerweile in mehr als dreißig Sprachen übersetzt.

Eine glühend-obsessive Neuvermessung aller Welt-, Kultur- und Alltagsdinge reißt uns mit: Pathos und Groteske, strömende Kontingenz, schwarze Sirenentöne. So in der Art, denke ich
mir, war der Modernitätsschock, der von Hölderlin ausging, von Novalis oder Kleist.

Andreas Nentwich


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SAMMLER VON SONNTAGEN

Ich trug den unendlichen Sonntag in meinem Herzen,

wie einen verborgenen Fehler.

mit jedem Schlag reifte die Zeit zu einem Gedicht:

der Herbst kauerte sich in jede Ecke, schob seine Hände in die Taschen,

stopfte Kastanien in Spitztüten aus alten Druckschriften. der Betrug der Blätter obsiegte.

die Kastanien, immer noch heiß, drängten dem hungrigen Rachen entgegen,

die Zeitungen warteten auf eine Kraft, stärker als Wind, stärker als Feuer.

sie warteten auf die Hand, die sie anheben würde, als hätte sich die Sehnsucht der Welt

gesammelt, in gerade mal dreien von Dingen, die wir mit alten Zeitungen verbinden:

Zeitungen zusammenknüllen und in den Schuh schieben, solange dort kein Fuß ist,

Zeitungen zu Hüten falten und an unbekannte Maler schicken.

dann einen der Hüte, vielleicht den größten, in ein Schiff verwandeln,

das ein unwirkliches Kind auf einem Bach schwimmen und in ein Land fahren lässt,

wo Gott nicht unendlich ist, sondern stumm. und wo es nichts gibt.

wo es nichts gibt, außer Sonntage.

Aus dem Kroatischen von Alida Bremer

Aus: Glossen gegen Gott, Edition Korrespondenzen, Wien, 2022

Buchveröffentlichungen von Marko Pogačar, zuletzt:
Glossen gegen Gott (2022)